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Kann die Vorherbestimmung geändert werden, und wie können wir einen freien Willen haben, während die Vorherbestimmung über uns bestimmt?

Frage: 264354

Ist alles in dieser Welt von Allah vorherbestimmt? Wenn die Angelegenheit so ist, warum haben wir dann einen freien Willen? Was nützt uns dieser (freie Wille), wenn wir das Schicksal nicht ändern können? Gilt das auch für körperliche Zustände und den Tod? Es gibt eine Person, die mir sehr am Herzen liegt. Ich möchte ihr etwas sagen, (von dem ich glaube), dass sie es nicht akzeptieren wird. Ich fürchte, wenn sie es hört, wird sie entweder sterben, einen Herzinfarkt bekommen, oder mich ohne Obdach, ohne Essen, Trinken oder Geld zurücklassen. Und sie wird mein ganzes Leben zerstören und das Leben vieler Menschen, die ich liebe. Diese Person ist, zusammen mit vielen anderen Faktoren, der Grund dafür, dass ich alles verloren habe, was ich liebe, einschließlich meiner Religion und meines Gebets und das ist der größte Verlust. Ich muss ihm mitteilen, dass er mit diesem Wahnsinn aufhören soll. Der einzige Grund, warum ich es ihm nicht sage, ist meine Angst, die Ursache für seinen Tod zu sein. Ich wünsche mir, dass mir jemand sagt, dass seine Lebensfrist bereits niedergeschrieben ist mit der Vorherbestimmung, damit ich es ihm sagen kann. Aber alle sagen mir, dass wir nur gelenkt sind und wir unser Schicksal durch unsere Entscheidungen im Leben ändern könnten, aber bedeutet das nicht, dass Allah dann nicht allmächtig wäre? Das kann ich nicht glauben. Entweder ist Allah allmächtig und das Schicksal ist unabänderlich, oder das, was die Menschen mir sagen, einschließlich einiger Dinge, die in Sahih Al-Bukhari und Muslim überliefert sind, sind Lüge, oder Allah wäre bloß eine Lüge. Und ich weigere mich, Letzteres zu glauben.

Inhalt der Antwort

Alles Lob gebührt Allah, und der Segen und Frieden seien auf den Gesandten Allahs. Um fortzufahren:

Erstens:

Alles in dieser Welt, was war und was sein wird, hat Allah – erhaben ist Er – in einem Buch bei sich aufgeschrieben. Er hat es gewusst und gewollt. Und das ist die Vorherbestimmung (arab. Al-Qadar) mit ihren vier Stufen: Niederschrift, Wissen, Wille und zusätzlich die Erschaffung und Verwirklichung (der Dinge).

Allah – erhaben ist Er – sagte: „Wahrlich, Wir haben alles in (bestimmtem) Maß erschaffen.“ (Al-Qamar:49) Und Er – erhaben ist Er – sagte: „Er verfügt über die Schlüssel des Verborgenen; niemand kennt sie außer Ihm. Und Er weiß, was auf dem Festland und im Meer ist. Kein Blatt fällt, ohne dass Er es weiß; und (es gibt) kein Korn in den Finsternissen der Erde und nichts Feuchtes und nichts Trockenes, das nicht in einem deutlichen Buch (verzeichnet) wäre.“ (Al-Anʿam:59) Und Seine Aussage: „Kein Unglück trifft ein auf der Erde oder bei euch selbst, ohne dass es in einem Buch (verzeichnet) wäre, bevor Wir es erschaffen – gewiss, dies ist Allah ein leichtes.“ (Al-Hadid:22) Und Seine Aussage: „Und ihr könnt nicht wollen, außer dass Allah will, (Er), der Herr der Weltenbewohner.“ (At-Takwir:29) Und Muslim überliefert (2653) von ʿAbdullah Ibn ʿAmr Ibn Al-ʿAs, dass er sagte: Ich hörte den Gesandten Allahs – Allahs Segen und Frieden auf ihm – sagen: „Allah hat die Schicksale aller Geschöpfe niedergeschrieben, fünfzigtausend Jahre bevor Er die Himmel und die Erde erschuf. Er sagte: Sein Thron war auf dem Wasser.”

Zweitens:

Dieses Schicksal kann nicht verändert werden. Das heißt: Wenn Allah bestimmt hat, dass eine bestimmte Person als Gläubiger oder Ungläubiger stirbt, oder dass sie ein glückliches oder unglückliches Leben führt, oder dass sie beispielsweise zehn Kinder bekommt, dann kann daran nichts geändert werden. Denn wenn es möglich wäre, dies zu ändern, würde das einen Mangel im Wissen Allahs, seines Willens und in Seiner Gewaltigkeit bedeuten. Vielmehr (gilt): Was Allah will, geschieht, und was Er nicht will, geschieht nicht.

Im Hadith von Ibn ʿAbbas – möge Allah mit beiden zufrieden sein – (heißt es), dass er sagte: „Eines Tages war ich hinter dem Gesandten Allahs – Allahs Segen und Frieden auf ihm –, da sagte er: ‚O Junge, ich will dich ein paar Worte lehren: Bewahre Allah, so wird Er dich bewahren. Bewahre Allah, dann wirst du Ihn dir gegenüber finden. Wenn du bittest, dann bitte Allah. Und wenn du um Hilfe bittest, dann bitte Allah um Hilfe. Und wisse: Wenn sich die ganze Ummah versammelt, um dir mit etwas zu nützen, werden sie dir nur mit dem nützen können, was Allah dir bereits niedergeschrieben hat. Und wenn sie sich versammeln, um dir mit etwas zu schaden, werden sie dir nur mit dem schaden können, was Allah für dich bereits vorherbestimmt hat. Die Schreibfedern sind erhoben worden und die Schriftrollen sind getrocknet.‘“ Überliefert von At-Tirmidhi (2516) und von Al-Albani als authentisch eingestuft in „Sahih At-Tirmidhi”.

Doch es gibt hier eine weitere Stufe der Vorherbestimmung, nämlich die Niederschrift der Schicksale der Geschöpfe in den Schriftrollen, die sich im Besitz der Engel befinden.

Im Hadith von ʿAbdullah Ibn Masʿud – möge Allah mit ihm zufrieden sein – (heißt es,) dass er sagte: „Der Gesandte Allahs – Allahs Segen und Frieden auf ihm –, der Wahrhaftige, dem geglaubt wird, erzählte uns: ‚Einer von euch wird im Bauch seiner Mutter in vierzig Tagen geformt. Dann ist er in dieser Zeit ein Blutklumpen für eine ähnliche (Dauer). Dann ist er in dieser Zeit ein Fleischstück für eine ähnliche (Dauer). Dann wird der Engel gesandt, haucht ihm die Seele ein und wird angewiesen, vier Dinge aufzuschreiben: Seine Versorgung, seine Lebensdauer, seine Taten und ob er unglücklich oder glücklich sein wird.‘“ Überliefert bei Al-Bukhari (3208) und Muslim (2643).

Und hier gibt es eine Angelegenheit, die man als eine Art Veränderung des Schicksals bezeichnen könnte, nämlich eine Veränderung desjenigen, was in den Schriftrollen der Engel niedergeschrieben ist: Zum Beispiel kann dort stehen, dass eine bestimmte Person krank werden wird, doch dann spricht sie Bittgebete, und Allah heilt sie, sodass sie doch nicht krank wird.

Oder es ist hierin enthalten, dass ihre Lebensspanne 60 Jahre beträgt, doch sie pflegt die Verwandtschaftsbande, woraufhin Allah ihr Leben auf 70 Jahre verlängert.

Das ist also eine Veränderung dessen, was in den Schriftrollen der Engel steht, und das ist möglich und unproblematisch.

Doch es ist keine Veränderung dessen, was in der wohlverwahrten Tafel (arab. Al-Lauh Al-Mahfuzh) steht, und keine Veränderung dessen, was im Wissen Allahs ist, denn Allah – erhaben ist Er – wusste bereits, dass er dies tun würde, und dass sie geheilt oder dass ihr Leben verlängert würde. Diese beiden – also das, was in der wohlverwahrten Tafel steht, und das Wissen Allahs – unterliegen keiner Veränderung, wie zuvor erklärt wurde.

Was nun die Veränderung dessen betrifft, was in den Schriftrollen steht, die sich im Besitz der Engel befinden, so ist dies belegt und unproblematisch. Darauf weist der Hadith von Salman – möge Allah mit ihm zufrieden sein – hin, in dem der Gesandte Allahs – Allahs Segen und Frieden auf ihm – sagte: „Nichts wendet das Schicksal ab außer dem Bittgebet, und nichts vermehrt das Leben außer Güte.“ Überliefert von At-Tirmidhi (2139) und als gut (arab. hasan) eingestuft von Al-Albani. Bei Ahmad (22386) und Ibn Majah (90) wird im Hadith von Thawban überliefert: „Nichts wendet die Vorherbestimmung ab außer dem Bittgebet.“ Al-Albani stufte ihn in „Sahih Ibn Majah” als hasan ein.

Drittens:

Es gibt keinen Widerspruch zwischen der Tatsache, dass die Dinge vorherbestimmt und aufgeschrieben sind, und der Tatsache, dass wir beim Handeln einen freien Willen haben. Denn wir wissen nicht, was geschrieben wurde, und wir spüren vollständige Freiheit und Entscheidungsfähigkeit beim Handeln. Wir unterscheiden zwischen unwillkürlichen Bewegungen, wie dem Schlagen des Herzens oder (der Tätigkeit) des Darms, und den willentlichen Bewegungen, die wir mit den Händen, Füßen, Augen oder anderem ausführen.

Und genau deshalb wird der Mensch für seine Taten zur Rechenschaft gezogen, weil er sie aus freiem Willen begeht. Er ist in der Lage, Gutes zu tun, genauso wie er Böses tun kann. Es steht ihm nicht zu, sich darauf zu beziehen, dass etwas für ihn vorgeschrieben sei, denn er weiß gar nicht, was geschrieben ist, außer nachdem es bereits eingetreten ist. Und er kennt das Ende der Angelegenheit nicht. Es könnte beispielsweise etwas geschrieben sein, dass er nach einer begangenen Sünde Bittgebete spricht, um Vergebung bittet, Allah seine Reue annimmt und ihn dann rechtleitet und bessert. Deshalb fragten die Gefährten, möge Allah mit ihnen zufrieden sein: „Sollen wir uns also nicht auf das verlassen, was für uns geschrieben ist, und das Handeln aufgeben?“ antwortete ihnen der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm: „Handelt! Denn jedem wird das erleichtert, wofür er erschaffen wurde. Wer zu den Leuten der Glückseligkeit gehört, dem wird das Tun der Leute der Glückseligkeit erleichtert. Und wer zu den Leuten des Elends gehört, dem wird das Tun der Leute des Elends erleichtert.“ Dann rezitierte er: „Was nun jemanden angeht, der gibt und gottesfürchtig ist (5) und das Beste für wahr hält, (6)…“ (bis zum Ende der Verse) Überliefert bei Al-Bukhari (4949) und Muslim (2647).

Dem Menschen obliegt in diesem Leben nichts anderes, als sich anzustrengen und zu handeln, ohne danach zu forschen oder zu fragen: „Ist dies für mich vorgeschrieben oder nicht?“ Denn er wird das ohnehin nicht herausfinden. Doch es genügt ihm, damit er sich bemüht und rechtschaffen handelt und die Taten der Paradiesbewohner verrichtet. Das Gute wird nur durch Taten erlangt, und dass die Stufen der Paradiesbewohner nur durch Taten erreicht werden, nicht durch (bloße) Wünsche.

Und wenn ihn die Angelegenheit der Niederschrift beschäftigt, dann soll er wissen, dass Allah für ihn geschrieben hat, dass er die Gehorsamkeiten verrichtet und nicht die Taten der Höllenbewohner begeht, das heißt: Er hat ihm dies zur Pflicht gemacht, es ihm gesetzlich vorgeschrieben und ihn dazu aufgefordert und das allein genügt ihm als Antrieb zum Handeln.

Und das Wissen, dass alles durch (Allahs) Bestimmung geschieht, gibt seinem Herzen Ruhe, wenn eine Prüfung eintritt, damit man nicht verzweifelt und nicht sagt: „Hätte ich doch dies oder das getan, dann wäre jenes nicht geschehen.“ Und das ist die Bedeutung von Allahs - erhaben ist Er - Aussage: „Kein Unglück trifft ein auf der Erde oder bei euch selbst, ohne dass es in einem Buch (verzeichnet) wäre, bevor Wir es erschaffen – gewiss, dies ist Allah ein leichtes –, (22) damit ihr nicht betrübt seid über das, was euch entgangen ist, und euch nicht (zu sehr) freut über das, was Er euch gegeben hat. Und Allah liebt niemanden, der eingebildet und prahlerisch ist.“ (Al-Hadid:22–23)

Viertens:

Was du bezüglich deines Freundes gefragt hast: Die Antwort ist, dass seine Lebensfrist niedergeschrieben und bei Allah – erhaben ist Er – bekannt ist und sich nicht ändert. Doch die Dinge werden zusammen mit ihren Ursachen aufgeschrieben. So kann etwa geschrieben sein, dass er durch das Hören einer Nachricht von jemandem stirbt, oder durch eine Krankheit, oder durch Tötung, oder durch Verbrennung usw. und die Sache wird sich genau so eintreten, wie sie geschrieben ist.

Und hier kehren wir zurück und sagen: Es hat keinen Nutzen, darüber zu forschen, was geschrieben ist. Dein Nachdenken soll sich nicht mit dem Schicksal beschäftigen, sondern mit dem (islamischen) Gesetz. Also solltest du fragen: Ist es erlaubt, jemandem eine Nachricht zu übermitteln, die zu seinem Tod führen könnte, oder zu einem Schaden für ihn oder für mich?

Und diese Frage kann man nicht beantworten, ohne die Art der Nachricht und ihren Bezug zu dieser Person zu kennen. Vielleicht handelt es sich bei der Frage um eine Sünde, vor der man warnen muss, oder um eine Angelegenheit, über die man nicht schweigen darf. Stell dir zum Beispiel vor, ein Mann ist seit Jahren mit einer Frau verheiratet, die er sehr liebt und es stellt sich heraus, dass sie ihm nicht erlaubt ist, weil sie seine Milchschwester oder seine Tante ist. Dann bleibt uns nichts anderes übrig, als ihn darüber zu informieren, denn sein Verbleib mit ihr würde bedeuten, dauerhaft im Zustand von Unzucht (arab. Zina) zu leben.

Außer wenn man mit überwiegender Wahrscheinlichkeit annimmt, dass er durch das Mitteilen (der Nachricht) sterben würde, dann ist es, wenn es möglich ist, das Verbotene zu beenden, ohne ihn sofort zu informieren, aus Sorge um ihn, unbedenklich. Zum Beispiel, indem die Frau verreist oder ähnliche Maßnahmen ergriffen werden.

Und gemeint ist: Jede Angelegenheit, von dem was du erwähnt hast, sollte den Gelehrten vorgelegt werden, damit sie sie prüfen und beurteilen können, ob eine Mitteilung verpflichtend ist, ob sie aufgeschoben werden darf oder ob sie überhaupt nicht erforderlich ist.

Wir bitten Allah für dich und für uns um Erfolg, Standhaftigkeit und besonnenes Handeln.

Und Allah weiß es am besten.

Referenz

Quelle

Islam Q&A

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