Wie kann ein Wissenssuchender einen Zeitplan zur Organisation seiner Zeit erstellen?

Frage: 138389

Können Sie mir bitte einen Rat geben, wie ein Wissenssuchender einen Zeitplan zur Organisation seiner Zeit erstellen kann?

Inhalt der Antwort

Alles Lob gebührt Allah, und der Segen und Frieden seien auf den Gesandten Allahs. Um fortzufahren:

Erstens: Das Streben nach islamisch-religiösem Wissen hat einen großen Stellenwert im Islam. Denn Allah - gepriesen und erhaben ist Er - hat das Wissen und seine Träger gelobt, wie Er sagt: „Sag: „Sind etwa diejenigen, die wissen, und diejenigen, die nicht wissen, gleich?“ Jedoch bedenken nur diejenigen, die Verstand besitzen.“ (Surah Az-Zumar, Ayah 9)

Und Er sagte: „Allah fürchten von Seinen Dienern fürwahr nur die Gelehrten.“ (Surah Fatir, Vers 28)

Es wird von Humayd Ibn ʿAbd Ar-Rahman überliefert, dass er sagte: Ich hörte Muʿawiya (möge Allah mit ihm zufrieden sein) als Prediger sagen: „Ich hörte den Propheten – Allahs Segen und Frieden auf ihm - sagen: ›Wem Allah Gutes will, dem gibt Er Verständnis in der Religion.‹“ Überliefert von Al-Bukhari Nr. 71 und Muslim Nr. 103.

Und von Abu Ad-Dardaʼ - möge Allah mit ihm zufrieden sein - wird überliefert, dass er sagte: Ich hörte den Gesandten Allahs - Allahs Segen und Frieden auf ihm - sagen: „Wer einen Weg auf der Suche nach Wissen einschlägt, dem ebnet Allāh einen Weg ins Paradies. Die Engel senken fürwahr ihre Flügel1 vor dem nach Wissen Suchenden, aus Wohlgefallen an dem, was er macht. Für den Wissenden bitten fürwahr alle um Vergebung, die in den Himmeln und auf der Erde sind, sogar die Fische im Wasser. Der Vorzug des Wissenden gegenüber dem Beter ist wie der Vorzug des Mondes gegenüber den übrigen Sternen. Die Wissenden sind die Erben der Propheten, und die Propheten haben weder Dinare noch Dirhams vererbt, sondern Wissen; wer es nimmt, hat einen reichlichen Anteil genommen.“ Überliefert von At-Tirmidhi Nr. 2682, Abu Dawud Nr. 3641, Ibn Majah Nr. 223. Als „gut“ (Hasan) eingestuft von Al-Albani in „Sahih At-Targhib“ (Band 1, Seite 17).

Das islamische Wissen bringt dem Menschen sowohl das Gute im Diesseits als auch im Jenseits. Es steht über allen anderen Wissensarten, insbesondere wenn die Absicht dabei aufrichtig ist (allein um Allahs Willen).

Zweitens: Das Wichtigste, womit man seine Zeit am Anfang des Lernens verbringen sollte, ist: Das Auswendiglernen des Buches Allahs (des Quran). Denn es ist das Wertvollste, worin sich die Menschen messen, worauf die Eifrigen hinarbeiten und wonach die Wissenssuchenden streben. Siehe hierzu auch die Antwort auf Frage Nr. 14035, um mehr über die Vorzüge des Auswendiglernens des Quran zu erfahren. Und siehe die Antworten zu den Fragen Nr. 7966 und 11561 für praktische Regeln zum Memorieren des Quran.

Drittens: Zu den Dingen, die dem Wissenssuchenden den Weg erleichtern, gehört: Dass er sich mit mehreren Schuyukh und Gelehrten umgibt, bei denen er direkt lernen kann. Der kürzeste und beste Weg zum Wissen – um das gewünschte Ziel zu erreichen – ist: Dass Allah ihm einen Schaykh oder einen rechtschaffenen sunnitischen Gelehrten ermöglicht, bei dem er regelmäßig lernt.

Viertens: Die Organisation der Zeit. Zunächst sollte man feste Termine für die täglichen, wiederkehrenden Aktivitäten festlegen – wie z. B.: die Schlafenszeit, die Essenszeiten, Zeiten für Besuche, Zeiten für persönliche Gespräche und feste Zeiten für das Lernen bzw. Wiederholen.

Zu den Dingen, die dabei helfen, die Zeit gut zu nutzen und sie nicht zu verschwenden, gehört: Dass man die Zeiträuber schon im Keim erstickt, wie z. B.: übermäßiges Schlafen; übermäßiges Essen und Trinken; ziellose Treffen oder Zusammenkünfte ohne religiösen Nutzen – was man als leeres Gerede bezeichnen kann und das Vermeiden von Ablenkungen durch Unterhaltungsmedien, wie: Fernsehprogramme, Serien, Zeitungen und Magazine, Spiele, Sportübertragungen und Wettbewerbe.

Schaykh Muhammad Ibn Salih Al-ʿUthaymin - möge Allah ihm barmherzig sein - sagte: „Der Wissenssuchende sollte seine Zeit vor dem Verlust bewahren. Denn der Verlust der Zeit zeigt sich in verschiedenen Formen:“

  1. Erstens: Dass man das Lernen und das Wiederholen des Gelernten vernachlässigt.
  2. Zweitens: Dass man sich mit Freunden zusammensetzt und nutzloses Gerede führt, das keinen Nutzen bringt.
  3. Drittens – und das ist das Schädlichste für den Wissenssuchenden:

Dass sein ganzes Interesse nur noch darin besteht, den Aussagen der Menschen zu folgen – was gesagt wurde, wer was gesagt hat, was passiert ist und was passieren könnte – in Angelegenheiten, die ihn eigentlich gar nichts angehen. Das ist ohne Zweifel ein Zeichen für die Schwäche im Islam einer Person, denn der Prophet – Allahs Segen und Frieden auf ihm - sagte: „Zu den guten Eigenschaften des Islam eines Menschen gehört es, dass er das lässt, was ihn nicht betrifft.“ Überliefert von At-Tirmidhi (Nr. 2318); von Al-Albani als authentisch eingestuft.  Sich mit Gerüchten und „wer was gesagt hat“ zu beschäftigen, sowie übermäßig viele (unnötige) Fragen zu stellen, ist reine Zeitverschwendung –
und in Wirklichkeit eine Krankheit, die – möge Allah uns bewahren – wenn sie einmal im Menschen Fuß fasst, dazu führt, dass dies sein größtes Anliegen wird. Dann geschieht es womöglich, dass er Menschen feindlich begegnet, die keine Feindschaft verdienen,
oder anderen seine Freundschaft schenkt, die dessen nicht würdig sind – nur aufgrund seines Interesses an diesen Nebensächlichkeiten, die ihn vom Streben nach Wissen abhalten – mit der Ausrede, er verteidige damit „die Wahrheit“. Doch das ist nicht der Fall – vielmehr handelt es sich um eine unnötige Beschäftigung mit Dingen, die ihn nichts angehen. Wenn jedoch eine Nachricht ihn erreicht, ohne dass er sie aufschnappt oder danach sucht,
dann ist das etwas anderes – jeder Mensch empfängt schließlich Nachrichten. Doch der Wissenssuchende sollte sich nicht davon ablenken lassen und diese Dinge nicht zu seinem Hauptanliegen machen. Denn solche Beschäftigungen lenken den Lernenden ab,
verderben seinen Weg und öffnen der Ummah (Gemeinschaft) die Tür zu parteiischen Lagerbildungen, sodass sie sich spaltet und zerstreut. „Kitab Al-ʿIlm“ von Ibn ʿUthaymin, (S. 143-144)

Zu den schädlichsten Dingen im Umgang mit Zeit gehört: Das Aufschieben (Arabisch: ta'swif) – ein großes Übel, das den Menschen um viele Gaben beraubt, sowohl im Diesseits als auch im Jenseits. Der größte Gewinn im Diesseits: ist, dass du dich in jeder Zeit mit dem beschäftigst, was in diesem Moment das Wichtigste und Nützlichste für dich ist – besonders im Hinblick auf dein Jenseits.

Wie Ibn Al-Qayyim - möge Allah ihm barmherzig sein - sagte: „Die beste Form der Anbetung besteht darin, in jedem Moment das zu tun, was Allah in diesem Moment am meisten wohlgefällig ist – gemäß der Aufgabe und Verpflichtung dieser Zeit.“ „Madarij As-Salikin“ (Band 1, Seite 88)

Der Mensch sollte seine Zeit so gut wie möglich nutzen und keinen einzigen Moment verstreichen lassen, außer in einem Gehorsam gegenüber Allah oder einer guten, Allah näherbringenden Tat. Unsere frommen Vorfahren - möge Allah ihnen barmherzig sein - haben in der effizienten Nutzung ihrer Zeit wahrlich erstaunliche Beispiele hinterlassen:

  • Abu Nuʿaym Al-Asfahani (gest. 430 n. H.): Bei ihm hatten sich die besten Quran- und Hadith-Gelehrten seiner Zeit versammelt. Jeden Tag war einer von ihnen an der Reihe, dem er bis kurz vor dem Mittag Selbst auf dem Weg nach Hause wurde ihm ein Teil eines Buches vorgelesen, und er zeigte nie Anzeichen von Überdruss.
  • Salim Ar-Razi, ein Gelehrter der schafiʿitischen Rechtsschule: Er ging eines Tages zu seinem Haus und kehrte zurück – und sagte: „Ich habe auf dem Hinweg einen ganzen Abschnitt (Juz) gelesen.“
  • Der große Hadith-Gelehrte Adh-Dhahabi berichtet über Al-Khatib Al-Baghdadi: „Er ging auf der Straße und in seiner Hand hielt er ein Buch, das er unterwegs las.“
  • Über Ibn ʿAsakir sagte sein Sohn: „Er hat vierzig Jahre lang nichts anderes getan, als Wissen zu sammeln und zu benennen. Selbst bei Ausflügen oder in seiner freien Zeit nahm er immer Bücher und den Qur’an mit, las und lernte auswendig.“

Sie waren darauf bedacht, mehrere Tätigkeiten gleichzeitig zu nutzen, um keine Zeit zu vergeuden. Zum Beispiel: Wenn der Stift abgenutzt war und gespitzt werden musste,
bewegte man dabei die Lippen mit Gottesgedenken (Dhikr)
oder wiederholte Lerninhalte, um keine Sekunde ungenutzt zu lassen.

Abu Al-Wafaʾ ʿAli Ibn ʿAqil - möge Allah ihm barmherzig sein - sagte: „Es ist mir nicht erlaubt, eine einzige Stunde meines Lebens zu verschwenden. Wenn meine Zunge nicht sprechen und mein Auge nicht lesen kann, dann beschäftige ich meinen Verstand im Nachdenken, selbst während ich ruhe oder unterwegs bin. Ich stehe niemals auf, ohne dass mir dabei etwas in den Sinn kommt, das ich später niederschreiben kann.“

Ibn Al-Qayyim - möge Allah ihm barmherzig sein- sagte: „Ich kenne jemanden, der von Kopfschmerzen und Fieber heimgesucht wurde und neben seinem Kopf lag ein Buch. Sobald er sich etwas besser fühlte, las er darin. Und wenn ihn die Krankheit wieder übermannte, legte er es zur Seite.“

Was den Tagesplan und die Zeitorganisation betrifft, so ist sie wie folgt: Der Tag eines Wissenssuchenden beginnt mit dem Morgengrauen (Fajr): Dies ist die beste Zeit zum Auswendiglernen – sei es der Qur’an, Hadithe oder wissenschaftliche Lehrtexte (Mutun) aus den Bereichen Fiqh, Usul, Sprache usw.  Die beste Zeit insbesondere für das Qur’an-Auswendiglernen ist die Zeit vor dem Morgengrauen (Sahar) und nach dem Fajr-Gebet, denn in diesen Stunden ist der Geist klar, die Konzentration hoch und das Gedächtnis aufnahmefähig. Der Wissenssuchende sollte das Fajr-Gebet in der Moschee verrichten und dort bis zum Sonnenaufgang oder auch darüber hinaus bleiben. In dieser Zeit lernt er auswendig und wiederholt das bereits Gelernte. Wenn er mit dem Qur’an fertig ist, kann er mit dem Auswendiglernen der islamischen Grundtexte beginnen z. B. Hadith-Sammlungen, Fiqh-Texte, Usul (Grundlagen) oder arabische Sprachwissenschaften. Falls er arbeitet oder studiert: Dann geht er zu seiner Arbeit oder Ausbildung. Falls nicht, setzt er das Lernen und Wiederholen bis zum Dhuhr-Gebet fort. Danach sollte er eine Mittagspause machen, z. B. ein kurzes Schläfchen (Qaylula) zur körperlichen Erholung.

Der Nachmittag (nach dem ʿAsr-Gebet): Diese Zeit ist geeignet für: Lesen (wissenschaftlicher Bücher), Selbststudium oder Diskussionen mit anderen Lernenden, Teilnahme an Unterrichtskreisen oder das Wiederholen bereits Gelernten.

Nach dem Maghrib-Gebet: (Diese Zeit ist) ideal zur Teilnahme an Lehrsitzungen (Halaqat) oder Unterrichtsstunden mit Gelehrten.

Nach dem ʿIscha-Gebet: Diese Zeit kann genutzt werden für: Wiederholung und Nachbereitung dessen, was man am Tag gelernt und notiert hat oder für freies Lesen und vertiefendes Studium.

Man sollte wissen, dass das, was hier dargestellt wurde, ist eine allgemeine, idealtypische Tagesstruktur ist. Die tatsächliche Zeitaufteilung hängt natürlich von den individuellen Lebensumständen des Lernenden ab: Ein berufstätiger Mensch hat andere Möglichkeiten als ein Nichtarbeitender; ein Verheirateter lebt anders als ein Lediger; ein Freizeithabender anders als ein stark Beschäftigter.

Das Entscheidende ist: Dass man jeden Tag bestimmte Stunden fest für das Lernen und Lesen einplant. Die Seele neigt zur Bequemlichkeit und liebt Trägheit, deshalb muss man sie erziehen: zu Fleiß und Aktivität, zu Disziplin, zu Ordnung und Zielstrebigkeit insbesondere im Bereich der Gehorsamshandlungen gegenüber Allah. Sonst vergeht ein Tag nach dem anderen – und am Ende ist das ganze Leben verloren.

Zum richtigen Weg, Wissen zu erlangen: Siehe die Antwort zur Frage Nr. 20191. Um die Verhaltensregeln eines Wissenssuchenden kennenzulernen: Siehe die Antwort zur Frage Nr. 10324. Und siehe auch den Vortrag: „Wie organisiert der Muslim seine Zeit?

Und Allah weiß es am besten.

Referenz

Quelle

Islam Q&A

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