Wisse – edler Bruder –, dass die Menschen in der Angelegenheit der Ehe nicht alle gleich sind. Sie sind sich zwar einig in der grundsätzlichen Erlaubnis der Heirat, die zur Rechtleitung des Propheten – Allahs Segen und Frieden auf ihm – gehört, doch für manch eine Person ist sie stärker betont und notwendiger als für andere.
Ibn Qudamah – möge Allah ihm barmherzig sein – sagte: „Die Menschen sind hinsichtlich der Ehe in drei Gruppen einzuordnen:
Unter ihnen ist derjenige, der befürchtet, in Verbotenes zu fallen, wenn er nicht heiratet. Für diesen ist die Heirat nach der Meinung der meisten Rechtsgelehrten verpflichtend. Denn es obliegt ihm, sich selbst vor dem Verbotenen zu bewahren und zu schützen, und der Weg dazu ist die Ehe.
Die zweite Gruppe: Für sie ist sie (die Ehe) empfohlen. Das ist derjenige, der ein Verlangen hat, jedoch sicher davor ist, in Verbotenes zu fallen. Für diesen ist es besser, sich mit der Ehe zu beschäftigen, als sich ganz freiwilligen Gottesdiensten zu widmen. Dies ist die Meinung der Hanafiten und entspricht dem offensichtlichen Wortlaut und Handeln der Gefährten, möge Allah mit ihnen zufrieden sein.
Ibn Masʿud sagte: „Wenn von meiner Lebenszeit nur noch zehn Tage blieben, und ich wüsste, dass ich am letzten Tag davon sterbe, und ich in diesen Tagen die Fähigkeit zur Heirat hätte, würde ich heiraten, aus Furcht vor der Versuchung.”
Und von Saʿid Ibn Jubayr wird berichtet, dass er sagte: „Ibn ʿAbbas sagte zu mir: ‚Hast du geheiratet?‘ Ich sagte: ‚Nein!‘ Er sagte: ‚Dann heirate! Denn die Besten dieser Ummah haben die meisten Frauen.‘” Überliefert bei Al-Bukhari (5069)
Ibrahim Ibn Maysarah sagte: „Tawus sagte zu mir: ‚Du wirst gewiss heiraten, oder ich werde dir sagen, was ʿUmar zu Abu Az-Zawaʾid sagte: Nichts hält dich von der Heirat ab außer Schwäche oder Verderbtheit!‘”
Die dritte Gruppe: Das ist derjenige, der kein Verlangen hat, entweder, weil er (grundsätzlich) ohne Lust erschaffen wurde, wie beim Impotenten, oder weil er einst Verlangen hatte, es jedoch durch Alter, Krankheit oder Ähnliches vergangen ist.
Hierbei gibt es zwei Meinungen:
Die erste Meinung: Die Ehe ist für ihn empfohlen, aufgrund der allgemeinen (Belege), die wir erwähnt haben.
Die zweite Meinung: Für ihn ist das Alleinbleiben besser, weil er keinen der Zwecke der Ehe verwirklicht. Er hindert seine Ehefrau daran, sich durch jemand anderen zu schützen, fügt ihr Schaden zu, indem er sie an sich bindet, ohne ihr Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, und bringt sich selbst in eine Lage, in der er Pflichten und Rechte erfüllen muss, denen er vielleicht nicht nachkommen kann. Zudem beschäftigt er sich mit dem, das für ihn keinen Nutzen bringt, und wird dadurch (vom Streben) nach Wissen und gottesdienstlichen Handlungen abgehalten...”
Ibn Qudamah – möge Allah ihm barmherzig sein – sagte: „Der offensichtliche Wortlaut der Aussage von Ahmad ist, dass es keinen Unterschied gibt zwischen dem, der für den Unterhalt aufkommen kann, und dem, der dazu nicht in der Lage ist. Er sagte: Der Mann sollte heiraten, wenn er etwas zum Unterhalt hat, soll er ausgeben, und wenn er nichts hat, soll er geduldig sein. Dies betrifft denjenigen, der zur Heirat in der Lage ist. Was aber den betrifft, der dazu nicht in der Lage ist, so sagte Allah, erhaben ist Er: ‚Diejenigen, die keine (Möglichkeit zum) Heirat(en) finden, sollen keusch bleiben, bis Allah sie durch Seine Huld reich macht.‘” Ende des Zitats, entnommen aus: „Al-Mughni” (9/341–344), in gekürzter und leicht angepasster Form.
Und an dieser Stelle fragen wir dich nach dem Grund für dieses Unterlassen und Entsagung:
– Wenn du meinst, dass das Unterlassen der Ehe eine Form der Anbetung sei, durch die du dich dem Herrn der Welten näherst, und du denkst, dass du durch das Meiden der Ehe deinen Rang bei Allah erhöhst, dann liegst du falsch und es ist zu befürchten, dass du dadurch sündigst.
Von Anas Ibn Malik – möge Allah mit ihm zufrieden sein – wird berichtet, dass er sagte: „Drei Männer kamen zu den Häusern der Ehefrauen des Propheten – Allahs Segen und Frieden auf ihm – und fragten nach seiner gottesdienstlichen Praxis. Als man ihnen davon berichtete, schien es, als ob sie sie gering hielten. Sie sagten: ‚Wo stehen wir im Vergleich zum Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm? Allah hat ihm doch seine vergangenen und zukünftigen Sünden vergeben!‘ Einer von ihnen sagte: ‚Ich bete die ganze Nacht hindurch.‘ Ein anderer sagte: ‚Ich faste ständig und breche das Fasten nicht.‘ Ein anderer sagte: ‚Ich meide die Frauen und heirate nie.‘ Da kam der Gesandte Allahs – Allahs Segen und Frieden auf ihm – und sagte: ‚Seid ihr diejenigen, die dieses und jenes gesagt haben? Bei Allah, ich fürchte Allah mehr als ihr und bin gottesfürchtiger als ihr. Aber ich faste und breche das Fasten, ich bete und schlafe, und ich heirate Frauen. Wer sich von meiner Sunnah abwendet, der gehört nicht zu mir.‘” Überliefert bei Al-Bukhari (5063) und Muslim (1401)
– Und wenn du nicht heiraten willst, weil du kein körperliches Verlangen verspürst oder dir einbildest, nicht in der Lage zu sein, den ehelichen Rechten nachzukommen oder der Bedarf deiner Frau nicht gerecht werden zu können, so sage ich dir: In diesem Fall ist es unbedenklich, auf die Ehe zu verzichten. Doch solltest du dich nicht auf deine Vermutungen und Einbildungen verlassen, vielmehr solltest du einen spezialisierten Arzt konsultieren und ihn um Rat bitten. Denn er ist besser in der Lage, deinen Zustand zu beurteilen, und er könnte Ratschläge oder Behandlungsmöglichkeiten für dich haben, an die du vielleicht gar nicht gedacht hast. Zögere also nicht, ihn aufzusuchen, und lass dich nicht durch Scham davon abhalten, denn für die Angelegenheit der Heilung sollte man sich nicht schämen.
– Und wenn du sagst, dass du Armut und Bedürftigkeit fürchtest und nicht über die finanziellen Mittel verfügst, um für die Angelegenheiten der Familie zu sorgen, dann sage ich dir: Halte Maß und strebe (das Bestmögliche) an. Übe dich in Genügsamkeit und Zufriedenheit, und denke gut von Allah, denn Er - erhaben ist Er - hat über die Zunge Seines Propheten – Allahs Segen und Frieden auf ihm – denjenigen Hilfe versprochen, der Keuschheit sucht und das Erlaubte durch die Ehe anstrebt.
Von Abu Hurayrah – möge Allah mit ihm zufrieden sein – wird berichtet, dass der Gesandte Allahs – Allahs Segen und Frieden auf ihm – sagte: „Drei haben ein Anrecht auf die Hilfe Allahs: Derjenige, der sich auf dem Weg Allahs abmüht, der Sklave, der mit seinem Besitzer einen schriftlichen Vertrag hat (arab. Mukatib), der die Freiheit will, und derjenige, der heiratet, der die Keuschheit will.” Überliefert bei At-Tirmidhi („1655”) und von Al-Albani als gut (arab. hasan) eingestuft in Sahih At-Tirmidhi.
– Und wenn du etwas hast, das du erreichen oder verwirklichen möchtest, wie einen Abschluss, eine berufliche Position, ein Projekt, oder Ähnliches und du sagst: „Ich bringe das erst zu Ende, dann heirate ich“, dann sagen wir dir: Warum unterlässt du die Ehe mit dieser Ausrede?
Die Ehe war niemals ein Hindernis für Leistung (und Erfolg), vielmehr ist sie meist ein Antrieb und eine Motivation. Zudem ist das eine Einflüsterung des Satans, die er vielen Jugendlichen ins Denken gesetzt hat, bis sie zu einer verbreiteten Kultur und Gewohnheit in unseren Gesellschaften geworden ist. So hört man häufig, dass jemand seine eigene Heirat oder die Heirat seines Sohnes oder seiner Tochter aus genau solchen Gründen hinausschiebt. Unsere Gesellschaften sind dadurch belastet mit den Problemen von Ehelosigkeit, verspäteter Heirat und wachsender Zahl Unverheirateter. Und dennoch sehen wir keinen Erfolg, Fortschritt und keine Entwicklung, während die erste Generation der Muslime sich im Guten beeilte und die Ehe nicht hinausschob. Und ihre Errungenschaften waren die gewaltigsten und vollkommensten.
Shaykh Ibn Baz – möge Allah ihm barmherzig sein – sagte in „Majmuʿ Al-Fatawa” (20/421): „Es ist verpflichtend, sich mit der Ehe zu beeilen. Ein Jugendlicher sollte seine Heirat nicht wegen des Studiums aufschieben, und auch ein Mädchen sollte ihre Heirat nicht wegen des Studiums verzögern. Die Ehe steht dem nicht im Weg. Der Jugendliche kann heiraten, seine Religion und seine Moral bewahren und seinen Blick senken. In der Ehe liegen viele Nutzen, besonders in der heutigen Zeit. In der Verzögerung liegt Schaden für die Frau wie für den Mann. Daher ist es für jeden jungen Mann und jede junge Frau verpflichtend, sich mit der Heirat zu beeilen, sobald ein geeigneter Heiratskandidat für die Frau verfügbar ist oder eine gute Frau für den Mann zur Verfügung steht.”
Und über all dem steht:
Was wäre, wenn du wüsstest, dass du durch die Ehe die Hälfte deiner Religion bewahrst?
Von Anas Ibn Malik – möge Allah mit ihm zufrieden sein – wird berichtet, dass der Gesandte Allahs – Allahs Segen und Frieden auf ihm – sagte: „Wem Allah eine rechtschaffene Frau gewährt, dem hat Er bei der Hälfte seiner Religion geholfen, so soll er Allah in der anderen Hälfte fürchten.” Überliefert bei Al-Hakim in „Al-Mustadrak“ (2/175), At-Tabarani in „Al-Awsat“ (1/294) und Al-Bayhaqi in „Shuʿab Al-Iman“ (4/382). Al-Hakim sagte: „Dies ist ein Hadith mit authentischer Überlieferungskette, den die beiden (Al-Bukhari und Muslim) jedoch nicht überlieferten.” Adh-Dhahabi sagte in „At-Talkhis”: „Sahih”. Al-Albani stufte ihn als hasan ein in „Sahih At-Targhib” (2/192).
Und wie wäre es, wenn du wüsstest, dass du durch die Ehe der Empfehlung des Gesandten Allahs – Allahs Segen und Frieden auf ihm – nachkommst, als er sagte: „O ihr Jugendlichen! Wer von euch in der Lage ist, die Ehe einzugehen, der soll heiraten. Denn sie hilft eher, den Blick zu senken und die Keuschheit zu bewahren.” Überliefert bei Al-Bukhari (5065) und Muslim (1400).
Und wie wäre es, wenn du wüsstest, dass du in deinem rechtschaffenen Kind eine fortlaufende Spende (arab. Sadaqah jariyah) hast, wenn du es mit (gutem) Charakter und Glauben aufziehst und dass du für deine Ehe belohnt wirst, wenn du sie aufrichtig um Allahs - erhaben ist Er - Willen vollziehst? Siehe dazu die Antwort zur Frage Nr. (8891).
Und dass du durch die Ehe dich selbst schützt, deinen Blick senkst und eine der größten Türen schließt, durch die der Satan die Menschen verführt. Vielleicht spürst du seine Gefahr aktuell nicht, aber die Versuchung kommt oft, ohne dass der Mensch es bemerkt. Daher muss man sich bemühen, die Türen zu verschließen, bevor sie sich unbemerkt öffnen.
Der Prophet – Allahs Segen und Frieden auf ihm – sagte: „Ich habe nach mir keine Versuchung zurückgelassen, die für die Männer schädlicher ist als die Frauen.” Überliefert bei Al-Bukhari (5096) und Muslim (2741).
Die Ehe – edler Bruder – ist Ruhe, Geborgenheit und innere Sicherheit. Sie ist der beste Genuss des Diesseits. Darin liegen so viele Zeichen, dass Allah sie zu einem Zeichen für die Menschen gemacht hat. Er erwähnte sie in Seinem Buch, damit sie darüber nachsinnen und die Größe Seiner - erhaben ist Er - Macht betrachten. So sagte Er: „Und es gehört zu Seinen Zeichen, dass Er euch aus euch selbst Gattinnen erschaffen hat, damit ihr bei ihnen Ruhe findet; und Er hat Zuneigung und Barmherzigkeit zwischen euch gesetzt. Darin sind wahrlich Zeichen für Leute, die nachdenken.” (Ar-Rum:21)
Bleibt nach all dem noch Zögern?
Fasse den Entschluss und vertraue auf Allah und Allah wird dir beistehen. Er wird dir eine rechtschaffene Ehefrau schenken, die dir beim Gehorsam deines Herrn hilft, und dir rechtschaffene Nachkommen schenken, die dir am Jüngsten Tag ein wertvoller Lohn sein werden.
Und Allah weiß es am besten.